Therapieablauf

Durch die aktuellen Therapiemöglichkeiten ist das Multiple Myelom in den meisten Fällen heute keine akut lebensbedrohliche, sondern eine chronische Erkrankung geworden. Nach derzeitigem Wissensstand wird es zwar als nicht heilbar, aber in der Mehrheit der Fälle als gut kontrollierbar eingestuft.
Im langfristigen Verlauf der Erkrankung kommen daher oft mehrere verschiedene Therapieansätze (Therapielinien) - mit einer Dauer von mehreren Monaten bis Jahren - zum Einsatz.
Die Behandlungen sind untereinander nicht vergleichbar!
Jede Therapielinie wird individuell für jeden einzelnen Patienten zusammengestellt und gemeinsam besprochen.

Faktoren, wie Ansprechen, Verträglichkeit, körperliche Fitness und Lebensumstände werden dabei berücksichtigt.
Gerade in frühen Therapielinien wird im ersten Schritt einmal geprüft, ob eine Stammzelltransplantation (SCT) durchgeführt werden kann oder nicht. Die aktuelle Studienlage weist darauf hin, dass diese Therapie immer noch als die wirksamste Behandlungsform gesehen werden kann und wird daher oftmals empfohlen.
Ist keine Stammzelltransplantation möglich, dann wird eine rein medikamentöse Therapie eingeleitet. Oftmals wird im Anschluss eine längerfristige Erhaltungstherapie vorgeschlagen, um eine möglichst lange Krankheitskontrolle zu ermöglichen und einen Rückfall (Rezidiv) der Erkrankung zu vermeiden.

Therapie oder Nicht-Therapie

Die individuelle Nutzen-Risiko Abwägung bildet immer die Grundlage jeder Behandlung. Daher kann es sein, dass Ihr Arzt Ihnen zunächst nur Kontrolluntersuchungen in regelmäßigen Abständen empfiehlt, wenn das Myelom in absehbarer Zeit keine Gefährdung darstellt.

Therapiestart

Die Therapie sollte jedoch dann gestartet werden, bevor die Krankheit zunehmend Schäden im Körper verursacht.
Ihr Arzt wird Ihnen den Startzeitpunkt mitteilen und mit Ihnen die für Sie optimale Therapieoption und mögliche Alternativen besprechen.

Prinzipiell stehen folgende Therapiemöglichkeiten zur Verfügung:

  • Stammzelltransplantation (SCT): in den meisten Fällen kommt eine autologe SCT (mit körpereigenen Stammzellen) zum Einsatz – nur in ganz seltenen Fallen wird eine allogene SCT (körperfremden Stammzellen) in Erwägung gezogen.
  • rein medikamentöse Therapie Ihr Arzt wird mit Ihnen die für Sie optimale Therapieoption mit Ihnen besprechen.

Folgende Therapieziele werden bei der Therapieentscheidung für Ihren Arzt im Vordergrund stehen

  • Eine möglichst tiefe Remission (Rückgang der Erkrankung) zu erreichen. D.h. die Reduzierung der Zahl der entarteten Plasmazellen und somit indirekt die Produktion der wirkungslosen Antikörper
  • Organschäden zu verhindern
  • Leben zu verlängern bei möglichst guter Lebensqualität

Zu jedem Zeitpunkt kann die laufende Therapie je nach deren Wirksamkeit und Verträglichkeit angepasst werden. Es stehen viele wirksame - auch nicht chemotherapeutische Medikamente - zur Verfügung, die eine Anpassung an individuelle Bedürfnisse ermöglichen.
Die gewählte Kombination der Medikamente wird an die Körperfunktionen, das Alter und die Eigenschaften des Myeloms angepasst.
Bei einem sehr guten Ansprechen und einer sehr tiefen Remission (Rückgang der Erkrankung) nach einer Erstlinientherapie kann das Myelom über mehrere Monate bis Jahre in Schach gehalten werden.
Je tiefer die Remission, desto länger ist die Zeit, bis mit einem Rückfall der Erkrankung (Rezidiv) zu rechnen ist.

Rezidiv – wenn die Erkrankung wieder aktiver wird

Da die Erkrankung grundsätzlich als nicht heilbar gilt, wird deren Verlauf und Status im Rahmen von regelmäßigen Terminen mit Ihrem Arzt laufend kontrolliert.
Es wird Phasen geben, in denen eine gute Krankheitskontrolle erreicht werden kann. Es wird aber auch Phasen geben, in denen die Erkrankung wieder aktiver wird.
Im Falle eines Rezidivs (Rückfall, Wiederauftreten der Erkrankung) wird Ihr Arzt mit Ihnen den aktuellen Stand und seinen Therapievorschlag besprechen.
In seine auf Sie individuell abgestimmte Empfehlung wird Ihr Arzt folgende Kriterien dabei berücksichtigen.

  • Begleiterkrankungen und Fitnessstatus
  • Ansprechen auf Vortherapien und Zeitdauer bis zum Rückfall
  • Verträglichkeit und Lebensqualität der Vortherapien
  • Zeitdauer bis zum Rückfall
  • Lebenssituation

Im Hintergrund entwickelt die Forschung bereits neue Medikamente und Therapiestrategien.
Die Myelomtherapie befindet sich in ständigem Wandel. Diese werden in Zukunft, hoffentlich in den meisten Fällen, die langfristige Kontrolle eines Rückfalls- im besten Fall eine Heilung der Erkrankung - ermöglichen.

CAR – T Zell Therapie

2021 hat die Europäische Zulassungsbehörde (EMA = European Medical Agency) die erste CAR-T Zelltherapie für die Anwendung - bisher nur bei schwer vortherapierten - Multiplen Myelom Patienten zugelassen. Mit dieser Therapieform wird versucht der Erkrankung durch Aktivierung des körpereigenen Immunsystems Herr zu werden.

Die Therapie macht sich die Funktion des T-Lymphozyten zunutze. Es ist eine Immunzelle, die uns im alltäglichen Leben vor den zahlreichen Virusinfektionen schützt, und entartete Zellen erkennen und zerstören kann. Sie zirkulieren im Blut, sowie in den Lymphgefäßen und verteilen sich in allen Geweben und Organen.

Bei Patienten mit Multiplen Myelom reichen die natürlichen T Zellen leider nicht mehr aus, um die entarteten MM-Zellen zu zerstören und die Erkrankung unter Kontrolle zu halten. Grund dafür ist, dass sich die Myelom-Zellen gut tarnen und daher von den T-Zellen nicht als entartete Zellen erkannt werden.
Deshalb werden die T-Zellen in einem innovativen und aufwendigen Laborverfahren für den Einsatz gegen das Myelom geschult. Durch die labortechnische Manipulation der Erbinformation wird den T-Zellen das notwendige Enttarnungs-Wissen eingeimpft. Mittels Infizierung der T-Zellen mit speziellen Viren werden neue Gene

eingebracht, die es ihr ermöglichen an ihrer Oberfläche neue Rezeptoren (Bindungsstellen) zu bilden. Diese Rezeptoren können an bestimmten myelomtypischen Zielproteinen an der Oberfläche der Myelomzellen binden. Die T-Zelle kann jetzt die entartete Zelle erkennen und entwickelt sich bei Kontakt zu einer effizienten Killerzellen, die die Myelom-Zellen zielgerichtet ausschaltet.
Zusammenfassend: Die T-Zellen können durch den Einbau eines geeigneten Chimären Antigen Rezeptors (CAR) gegen bestimmte Tumorzellen gezielt gelenkt werden.

Betrachten wir den Erfolg dieser Therapie, so gibt es zwei Ansichtspunkte.
Nach der Anwendung der CAR-T Zellen kommt es bei den meisten Patienten, auch bei fortgeschrittener Erkrankung, zu einer deutlichen Verminderung der Myelomaktivität. Die hohe und tiefe Ansprechrate machte bereits Hoffnung, die effektive Therapie für das Myelom gefunden zu haben.
Leider ist der Erfolg nicht bisher noch nicht anhaltend. Die Lebensdauer der CAR-T Zellen im Körper des Patienten bestimmt auch die Dauer des Therapieerfolges. Je mehr Zellen verabreicht
werden und je länger sie im Körper nachweisbar sind, desto besser und länger ist die Remission.
Derzeit erleiden die Patienten im Schnitt nach 12 Monaten einen Rückfall der Erkrankung. Deshalb wird seitens der Wissenschaft an Methoden gefeilt, die Lebensdauer der T-Zellen zu verlängern, und es laufen aktuelle Studien, die den Therapieerfolg der CAR T-Zell-Therapie in einem früheren Krankheitsstadium prüfen.
Zusammenfassend: ist die Wirkung der Therapie sehr stark aber nicht von allzu langer Dauer.

Häufige Fragen

Finden Sie hier Antworten auf häufige Fragen zur Multiplen Myelom-Therapie

In die Entscheidung zum Start der Behandlung fließen folgende Faktoren ein:

  • M-Gradient durch monoklonale Antikörper und Menge der Antikörper
  • Anteil der Plasmazellen im Knochenmark > 10%
  • Nachweis von mindestens einer Osteolyse (lokalen Knochendefekte)

  • Vermehrtes Kalzium im Blut aufgrund des Knochenabbaus
  • Einschränkung der Nierenfunktion als Folge der Eiweißproduktion des Myeloms
  • Verminderung der roten Blutkörperchen durch Einschränkung der Knochenmarksfunktion (Anämie)

Es stehen folgende Therapiemöglichkeiten zur Verfügung:

  • Stammzelltransplantation (autolog: mit körpereigenen Stammzellen;
    sehr selten eine allogene: mit körperfremden Stammzellen)
  • Rein medikamentöse Therapie

Die wesentlichen Voraussetzungen für die Transplantation sind:

  • ein guter Allgemeinzustand, weitgehend normale Herz-, Nieren- und Lungenfunktion
  • ein Erfolg der ersten Induktionstherapie
  • die Gewinnung einer ausreichenden Menge von Stammzellen.

Der Behandlungsplan wird auf den individuellen Patienten abgestimmt und ist nicht in allen Fällen gleich.
Die Behandlung einer Stammzelltransplantation erfolgt meist in 5 Schritten:

  • Induktionstherapie (medikamentös)
  • Stammzellgewinnung (ambulant)
  • Stammzelltransplantation (stationär 2-3 Wochen)
  • Konsolidierungstherapie (medikamentös, optional je nach Erfolg der vorangegangenen Therapie)
  • Erhaltungstherapie (medikamentös)

Wenn keine Stammzelltransplantation durchgeführt wird, entfallen Schritte 2 und 3 - dafür werden meist mehr Zyklen der Induktionstherapie verabreicht.
Details zu den verschiedenen Therapieabschnitten und Einblicke in die Erfahrung von Heinz M. erhalten Sie hier.

Remission kommt aus dem Lateinischen und heißt so viel wie „Rückgang“.
Mit diesem Begriff soll ausgedrückt werden, wieviel Prozent der Myelomszellen nach einer Therapie noch vorhanden sind.

Wichtig ist es eine tiefe Remission zu erzielen. - Je tiefer die Remission, desto länger ist die Zeit, bis mit einem Rückfall der Erkrankung zu rechnen ist. Deshalb erfolgt die Bestimmung der Remission und damit die Kontrolle des Therapieansprechens in kontinuierlichen Intervallen im Verlauf jeder Myelomtherapie.



Hier finden Sie Definitionen, die oftmals verwendet werden, um die Tiefe der Remission anzugeben:


Diese gängige Defintion bezieht sich auf den Rückgang des Anteils der Myelomzellen im Knochenmark

  • Komplette Remission (Complete Response = CR): das Myelom ist mit Standarduntersuchungen nicht mehr nachweisbar (ca. eine Myelomzelle auf 1000 Knochenmarkzellen)
  • Sehr gute Teilremission (Very Good Partial Response = VGPR): Rückgang auf 25%
  • Teilremission (Partial Response = PR): Rückgang auf 50%
  • Stabile Erkrankung (Stable Disesase = SD): keine Veränderung
  • Fortschreitende Erkrankung (Progessive Disease): weiterer Anstieg des Anteils der Myelomzellen

Hochspezifische Labormethodenmessung - diese wird aktuell hauptsächlich in Studie verwendet.

  • Minimale Resterkrankung (MRD) negativ - das Myelom ist mit hochspezifischen Labormethoden nicht mehr nachweisbar. Diese Untersuchung ist nicht Routine, sondern wird aktuell hauptsächlich in Studien verwendet.
  • Minimale Resterkrankung (MRD): positiv - Myelom ist mit der speziellen Labormethode nachweisbar.

Rezidiv = Wiederkehren der Erkrankung
Die Erkrankung wird wieder aktiver, oftmals wird es durch einen Anstieg der Leichtketten aus der Blutanalyse erkennbar oder es treten die typischen Myelomsymptome wieder vermehrt auf

Refraktär = unempfindlich bzw. nicht beeinflussbar.
Im Zusammenhang mit einer Myelomtherapie bedeutet es, dass trotz einer Therapie kein Rückgang der Erkrankung zu beobachten ist.
Man ist dann therapierefraktär auf eine bestimmte Therapie oder Therapiekombination. Diese kann schon vom Beginn der Therapie an bestehen, sie kann sich aber auch über den Verlauf der Therapie entwickeln.